THE DEVIL & THE UNIVERSE – Viva GOATopia!

Welcome to GOATopia! Am 28. Januar 2022 veröffentlichte Solar Lodge das sechste Album von The Devil and the Universe. Im musikalischen Strudel von utopischen Visionen und Wunschtraumbildern einer vergangenen Zukunft! Das neue Album von THE DEVIL & THE UNIVERSE wirbelt sich in die Gehörgänge der Zuhörer, schürt die Fantasie und nimmt sie mit. Wir unterhielten uns mit den Ziegen über utopische Auswüchse und Schöpferkräfte, lasst uns auf die Reise gehen!


„GOATopia!“ man beachte die Schreibweise und der geneigte TDATU Anhänger erwartet die Übernahme der Ziegen in einer anderen, neuen Gesellschaftsordnung. Liebe Ziegen: bitte führt uns etwas ein in die Utopie-Ideen und die Ausgangslage des neuen Albums.

Konzeptionell orientiert sich GOATopia an so großen Utopisten wie Thomas Morus. Sein Roman „Utopia“ aus 1516 gilt als Begründer des Genres, das eine mögliche zukünftige Lebensform oder Gesellschaftsordnung formuliert. Thomas Morus erzählt von einem fiktiven Inselreich, auf dem neue Gesellschaftsentwürfe gelebt werden. Wir greifen Ideen wie diese auf und erschaffen unsere Ziegen-Utopie. In einer Welt die aus dem Gleichgewicht geraten ist und einer Dystopie immer ähnlicher wird, demaskieren wir das Schreckgespenst Zukunft, um ihm die Ziegenmaske aufzusetzen.

Auf mich wirken der Albumtitel und das Artwork wie eine Symbiose. Monumentalbauten in einer kargen Landschaft. Die Ziegen etwas verloren zwischen Beton und Einsamkeit. Sind die Bilder auch zusätzlich bedeutsam für die Thematik der Utopie bzw. für die dystopischen Szenen?

Wie immer bei uns ergibt das Artwork und die Musik ein großes Ganzes. Man geht ja heutzutage sehr locker mit dem Begriff Gesamtkunstwerk um. Ich finde aber, dass das auf uns voll und ganz zutrifft. Diese neo-futuristisch anmutenden Gebäude passen hervorragend zu dem, was wir im Kopf hatten und wie wir uns die Optik zu der Musik vorgestellt hatten. Sie wirken auf den Betrachter sowohl futuristisch als auch nostalgisch. So wie das Album selbst, wo wir uns an eine Zukunft erinnern, die niemals gewesen sein wird.

Was wäre für dich eine dystopische Vorhersage, die dich binnen weniger Stunden zu einem bedeutsamen Handeln bringen/zwingen würde? Hierzu sei angemerkt, dass dystopische Szenen Zukunftsschilderung mit negativem Inhalt sind.

Da muss ich nicht lange nachdenken: der Klimawandel. Der ist Dystopie genug, da braucht man sich keine Zombie-Apokalypse oder dergleichen ausdenken. Und er hat mich bereits zum Handeln gezwungen, ich esse aus klimatechnischen Gründen kein Fleisch mehr und ernähre mich hauptsächlich vegan. Auch mein Konsumverhalten habe ich geändert. Das, was uns in den nächsten Jahrzehnten erwartet, wird von der breiten Masse vollkommen unterschätzt. Da wird es noch ein böses Erwachen geben.
Ich finde, jeder sollte etwas dazu beitragen, dass es hoffentlich nicht ganz so schlimm wird. Niemand muss ein Heiliger werden. Aber schlimm wird es werden, wir kommen da nicht mehr nur mit einem blauen Auge davon. Das sind Wahrheiten, die nur wenige hören wollen und mit denen man auch keine Wahl gewinnt. Die Klima-Dystopie hat längst begonnen. Das was wir jetzt erleben, sind nicht mal die ersten 4 Takte des Intros.

Die erste Single „Great God Pan Is Dead” zeigt euch im Reigen von wirren Anbetungsriten inmitten von einem Protagonisten, welcher sich zwischen Pans Tod und Auferstehung bewegt. Gab es ein Drehbuch oder war das Spontane euer Geleit für die Szenen?

Es gab eine Grundidee, aber kein Drehbuch an sich. Wir konnten uns glücklich schätzen, dass „The Great God Pan Himself“ gerade Zeit hatte, uns in sein okkultes Wissen einzuweihen. Das Video ist im Grunde ein Pan-Ritual. Die Invokationen, die man hier sieht, sind echt. Natürlich sind sie das. Es ist Pan selbst, der hier zugange ist.

Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft – Utopie. Sind es nicht all diese Ebenen, denen wir Erinnerungen, Erwartungen, Wünsche und Träume zuordnen? Welcher Song auf dem neuen Album kommt diesen Ebenen am nächsten?

Hmm, das kann ich beim besten Willen nicht beantworten. Ich habe keine Ahnung. Solche Überlegungen überlassen wir dann den geneigten Hörern. Da gibt es kein richtig oder falsch.

„Spleen Cockaigne“ übersetzt „Milz-Schlaraffenland“, der Song ertönt und man hat das Gefühl, auf eine Besichtigung, Reise zu gehen. Irgendwie ist die Stimmung verbunden mit einer neugierig-überraschen Entdeckungsfahrt, die jedoch ziellos ist. Was waren eure gedanklichen Ansätze zu diesem Song und dem Songtitel?

Spleen ist hier im Sinne von schlechter Laune oder Melancholie gemeint, vielleicht auch Wut. All dies sind weitere Bedeutungen des englischen Wortes Spleen. Es stimmt, der Track hat tatsächlich etwas von einer Entdeckungsfahrt und mit seinen Flöten-Samples aus dem Melotron hat er ganz bewusst auch etwas von einer Reise in eine Vergangenheit, die niemals war. Oder ist es doch eine Zukunft, die nie sein wird? Es war der erste Song der für das Album geschrieben wurde und es ist sehr selten, dass der erste Song überhaupt auf einem Album endet. Ich halte ihn für einen der Highlights der Platte.

Was, wenn der Wunschtraum zum Albtraum wird? Ist GOATopia die Rettung? Gibt es keine positive Verheißung der Zukunft mehr?

Die Zukunft war auch schon mal besser, so könnte man es zusammenfassen. Allerdings finde ich, dass diese Platte nicht einfach nur Trübsal bläst und in selbstgerechter „Doom & Gloom“ Stimmung versinkt. Gerade gegen Ende, wenn wir in GOATopia ankommen, mit den Songs Echotopia und Psychogeography klingt so etwas wie Friede nach einem langen Kampf mit. Oder ist es doch nur die Ruhe vor dem Sturm? Niemand weiß, was die Zukunft bringt, aber sie wird kommen.

Kennt ihr das Gedankenexperiment vom Urzustand der Menschheit? In einem fiktiven Zustand existiert noch keine Gesellschaft, es gibt keine Rechte und Pflichten, es herrschen neutrale Verhältnisse zwischen den Menschen. Alle Informationen zu sich und einer Gesellschaft sind den Menschen verborgen unter dem Schleier des Nichtwissens. Damit lässt sich eine Debatte über Gerechtigkeit führen, vielleicht ergibt sich daraus eine neue Utopie mit einem besseren sozialen Miteinander. Inwieweit bewirkt das neue Album philosophisches Denken?

Das sind Gedankengänge, die natürlich wunderbar zu diesem Album passen. Aber auch hier will ich der Hörerin nicht zu viel vorwegnehmen. Die Utopie des einen ist womöglich die Dystopie des anderen – oder umgekehrt. Über alternative Gesellschaftsformen nachzudenken, die nicht sehenden Auges dem Neoliberalismus ins Verderben folgen, ist nie ein Fehler. Wenn unsere Musik dazu anstiftet, umso besser. Wer weiß, vielleicht hört ja der nächste Karl Marx beim Verfassen seines Manifests GOATopia. Eine reizvolle Vorstellung.

Elektronischer, technischer, psychedelischer und kältere Sounds. Aber auch viel Vertrautes erwartet den geneigten TDATU Hörer. Habt ihr viel mit neuen Sounds und den Instrumentierungen rumexperimentiert?

Es war einer jener Platten, bei der sehr schnell klar war, welche Sounds und Synthesizer wir verwenden müssen, um den Klang zu erzeugen, den es braucht. Alte String Machines, billige 70er Jahre Drumcomputer, viel Tape Manipulation, damit alles schön wabert und etwas verstimmt klingt. Das Melotron, so was wie der erste Sampler, kam viel zum Einsatz. Alles Instrumente aus einer Zeit, in der man sich die Zukunft noch ganz toll vorstellte und dachte, im Jahr 2000 leben wir alle glücklich und zufrieden auf dem Mars. Auch das Songwriting an sich ging sehr schnell. Nur der Mix hat diesmal so viel Zeit in Anspruch genommen wie noch nie. Wir machten dazwischen eine längere Pause. Das war gut und hat die nötige Distanz geschaffen, um zu verstehen, was an den Mixen noch nicht gepasst hat. Am Ende war es genau richtig so. Rein vom Klang und der Produktion sind wir auf einem Level angekommen, welches mich sehr glücklich macht.

Der zweite Song „Eschaton“ steht nach theologischer Wortherkunft für die apokalyptische Herrschaft Gottes vor dem Ende der Welt. Ist das der Zustand, bevor die Utopie Realität wird? Dauert er an?

Apokalypse, heißt ja so was wie Enthüllung oder Offenbarung. Und keine Enthüllung ohne die Erkenntnis, was schiefläuft. Deshalb steht der Song auch am Beginn der Platte, noch in der ersten Phase sozusagen.

2021 – nicht unbedingt ein Jahr, in dem Bands ganze Tourneen machen konnten. Das Zeitfenster für Einzelkonzerte oder Festivals war klein. Ihr wart dennoch zurück auf der Bühne. Wo habt ihr gespielt und wie fühlte es sich nach so langer Bühnenabstinenz an?

Wir spielten seit Beginn der Pandemie nur eine einzige Show. Wir hätten zwar ein paar Mal die Möglichkeit gehabt aufzutreten, aber uns ist die Gesundheit der Goatheads, also unserer Fans, wichtiger als der egoistische Drang, endlich wieder auf eine Bühne zu kommen. Die Show am Wroclaw Industrial Festival in Polen fand zu einer Zeit statt, in der man sich bereits impfen lassen konnte und war natürlich ein schönes Erlebnis. Ich hatte im Vorfeld ein bisschen Bedenken, ob wir nicht 2 bis 3 Songs brauchen werden, um wieder ganz die Alten zu werden, aber nichts da. Es dauerte keine 2 Sekunden und alles war wie immer. Es fühlte sich so an, als hätten wir eine Woche davor die letzte Show gespielt. Sehr beruhigend, dass uns diese Zwangspause nicht aus dem Konzept gebracht hat.

Gab es im Live-Set auch schon Songs vom neuen Album?

Nein, das wollten wir nicht. Es war ja noch eine :Endgame 69:-Show.
Das hätte sich nicht richtig angefühlt.

Das Jahr 2022 ist noch jung und wir haben seit zwei Jahren die weltweite Pandemie. Tragt ihr noch Daten und Konzerte in eure Kalender ein? Welche Daten stehen schon als feste Termine drin?

Klar, langsam sollte man das auch. Ich bin sehr zuversichtlich, dass sich die Dinge jetzt wieder zum Besseren ändern. Ich glaube auch, dass alle Konzerte ab April stattfinden werden. Folgende Termine kann ich schon bestätigen:

21.05.2022 Viper Room, Wien, AT
03.06.2022 WGT Festival, Leipzig, DE
09.07.2022 CELEBRATA HINDRHEIMR, NOR
31.10.2022 Sinners Day Festival, Limburg, BE

Da wird auch noch das eine oder andere dazukommen.

Wissenschaftsglaube und utopisches Denken hängen in Science-Fiction Darstellungen eng zusammen. Fortschritt und Technik bereiten eher Sorge als Freude auf die nahende Zukunft. Haben euch diese Überlegungen beim Songwriting begleitet?

Das Problem ist, der Fortschritt darf halt nicht um seiner selbst willen und um jeden Preis stattfinden. Genau das geschieht im Moment in vielen Bereichen, angetrieben von einem Haufen Psychopathen der Big-Tech-Firmen, die nichts anderes im Sinne haben als eine waschechte Technokratie. Davon sind wir nicht sehr weit entfernt. Ich glaube, das sind Überlegungen, die jeder machen sollte. Beeinflusst hat uns das vielleicht insofern, als das in der Ziegen-Utopie diese Phase bereits überwunden wurde und die Ziege die Technokraten aufgefressen hat. Mahlzeit. Ich glaube „News From Nowhere“ wäre vielleicht der Song, der gut in diese Phase passt.

GOAT=Greatest of All Time! So eine bedeutungsvolle Erklärung passt so gut auf die Ziegen. Zufall?

Wer kann das schon mit Gewissheit sagen. Are we playing with Magick or is Magick playing with us? Magie oder doch Mystizismus? Der Übergang ist bei uns fließend und das Eine schließt das Andere nicht aus.

Brandneu: euer zweites Video zum Song: „Viva! GOATopia“. Wie kam es zu dieser Idee? Entwickelt ihr zusammen mit Edie Calie die Szenen? Ist das Bunte mittlerweile visueller Standard? (fragt eine sehr farbintolerante JS)

Wir haben meist eine Grundidee oder eine Art Story, die wir dann gemeinsam weiterentwickeln. Wir werfen uns die Ideen zu. In diesem Fall gab es allerdings keine Story, wir wollten einfach beide Foto-Locations vom Cover auch im Video zeigen. Die Locations sind sozusagen der vierte Charakter, die „Nicht Ziege“. Diesen gibt es bei uns ja in vielen Videos. Natürlich wollen wir uns nicht einschränken und alle Farben verwenden, die es gibt. Nur schwarz / weiß wäre für mich in etwa so, als würde ich auf einer Gitarre nur eine Seite benutzen. Kann man machen – Reduktion kann auch was Gutes sein – aber in dem Fall wollten wir es so psychedelisch wie möglich haben und „Bewusstseinserweiterungsoptik“ hat viel mit Farben zu tun. Nur so erreichen wir diesen psychedelischen Effekten, der auch in der Musik stark vorhanden ist. Wir haben da keinerlei Berührungsängste und auch keinerlei Standards. Alles ist möglich, solange es der künstlerischen Verwirklichung hilft. Vielleicht sieht man im nächsten Video einfach nur einen schwarzen Balken. Wir machen, was unsere Musik und die Vision dahinter braucht. Vielleicht sieht man uns aber auch in einem gelben Unterseeboot durch das Meer der Zeit tauchen. Aber da müssen wir wohl vorher mit unserem Anwalt reden.

Billy Phobia hat wieder das Design für T-Shirts und Baumwollbeutel entworfen. Welchen Leitgedanken hat ihn zu dieser Darstellung der Ziegen im Reigen mit Menschen begleitet? War es für euch sofort passend? Oder braucht es ab und an mehrere Entwürfe, um sich final für ein T-Shirt Motiv zu entscheiden?

Diesmal brauchten wir tatsächlich ein paar Entwürfe, bis das Richtige dabei war. Utopien an sich sind ein eher abstraktes Thema und es war nicht so ganz klar, was es da genau braucht. Ich bespreche mit Billy das Thema der Platte, wir brainstormen und so kommen wir dann ans Ziel. Dieser Holzschnitt aus dem Mittelalter passt wunderbar. Ein Ziegen-Reigen losgelöst von den Restriktionen und Sorgen der Welt. Viva! Goatopia eben.

Allerbesten Dank werte Ziegen.
Viva GOATopia! Lang leben die Ziegen. Auf bald!

Bilder by Werner Novak

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